Mai 15, 2025 - Min LesedauerMin Lesedauer

Let's talk Oral Health: Besondere Anforderungen während der KFO-Behandlung

Patient:innen in kieferorthopädischer Behandlung stellen eine Herausforderung dar. Es ist bekannt, dass kieferorthopädische Apparaturen zu einer erhöhten Plaqueansammlung führen können, da Plaque und Ablagerungen sich an mehr Stellen und Oberflächen festsetzen können. Darüber hinaus behindern die Apparaturen auch die herkömmlichen häuslichen Mundpflegegewohnheiten wie das Zähneputzen und die Interdentalreinigung. Als Folge ist die kieferorthopädische Behandlung mit einem erhöhten Risiko für orale Erkrankungen wie Parodontitits, Demineralisation oder White-Spot-Läsionen und Karies verbunden. Die meisten Zahnmediziner:innen werden auch bestätigen, dass sich Zähne in einem gesunden Mund schneller bewegen, weshalb eine optimale Mundhygiene für eine erfolgreiche KFO-Behandlung unerlässlich ist.

In dieser Episode sprechen wir darüber, wie genau eine kieferorthopädische Behandlung die häusliche Mundpflege erschwert, welche Folgen diese hat und was man tun kann, um trotzdem eine optimale Mundhygiene zu erreichen. Die Referenten: Prof. Maria Cadenas de Llano Perula und Alina Fintineanu, RDH.

Inhalte

Die Reinigung und Pflege von kieferorthopädischen Apparaturen

Frau Fintineanu beginnt mit Aliners, einer Art von kieferorthopädischen Apparaturen, und erklärt, warum es so wichtig ist, die Zähne während der Tragezeit sauber zu halten: "Das Problem ist, dass Patient:innen ein leicht erhöhtes Risiko für Karies haben, während sie sich einer Behandlung mit Alignern unterziehen. Das mag überraschend klingen, aber wenn man sich die Aligner anschaut, erkennt man, wie viel Zahnoberfläche abgedeckt ist, insbesondere die okklusalen und interproximalen Flächen. Das bedeutet, dass die Zungenbewegung diese Bereiche nicht richtig reinigen kann und der Speichel mit seiner puffernden Wirkung diese Flächen nicht erreicht. Bakterien und Speisereste, die sich dort festgesetzt haben, werden also gären". Sie fährt mit einigen praktischen Tipps fort, wie man Aligner richtig reinigt:

  • Achten Sie auf Speisereste und Plaqueansammlungen in den Kauflächen der Aligner und entlang der Schneidekanten; putzen Sie diese Stellen vorsichtig und gründlich.
  • Putzen und reinigen Sie die Zahnzwischenräume nach jeder Mahlzeit, bevor die Aligner wieder eingesetzt werden, um sicherzustellen, dass alle Speisereste, Zucker und schädliche Bakterien entfernt werden.
  • Verwenden Sie zum Abspülen oder Reinigen nur kaltes oder lauwarmes Wasser; heißes Wasser kann die Aligner verformen. Diese können auch in Zahnprothesenreiniger eingelegt werden - falls vorhanden. Aligner sollten mit einer weichen Handzahnbürste und Spülmittel gereinigt werden. Harte Zahnbürsten können zu abrasiv sein und Kratzer verursachen. Dadurch wird die Oberfläche matt und die Aligner besser sichtbar. Gründlich ausspülen.
  • Abends die Zähne mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta putzen, nicht ausspülen und die Aligner wieder einsetzen.
  • Mit einer fluoridhaltiger Mundspülung spülen und danach die Aligner einsetzen.

Prof. Cadenas fährt mit Tipps zur Pflege von festsitzenden Apparaturen fort und spricht über festsitzende linguale Apparaturen und Expander:

Feste Apparaturen:

  • Seien Sie gründlich, aber vorsichtig, um ein Ablösen der Brackets zu vermeiden. Stellen Sie sicher, dass Sie die intermaxillären Gummibänder und das Wachs entfernen.
  • Zum Putzen von festsitzenden Apparaturen wird häufig die modifizierte Bass-Technik verwendet, bei der die Bürste um 45 Grad zur Gingiva hin abgewinkelt positioniert wird.
  • Achten Sie darauf, dass Sie über und unter den Brackets/Bändern putzen. Falls Sie nicht die Bass-Technik anwenden, kann es sinnvoll sein, eine V-förmige Zahnbürste zu verwenden, deren Borsten außen länger und innen kürzer sind, um die Brackets in der Mitte zu erreichen.
  • Verwenden Sie zusätzlich eine Interdentalbürste oder eine Munddusche, um unter dem Draht zu reinigen.

Feste linguale Apparaturen:

  • Achten Sie darauf, dass Sie die Oberflächen der lingualen Apparaturen gründlich putzen und die Interdentalbürste schräg ansetzen, um unter den Draht/die Ligaturen zu gelangen.
  • Beim Tragen von Lingualapparaturen ist die Wahrscheinlichkeit der Kariesentwicklung aufgrund der Reinigungswirkung der Zunge und der Anatomie der Zähne geringer (Wiechmann et al., 2015).

Feste Expander:

  • Verwenden Sie nach dem Zähneputzen eine große, abgewinkelte, konische Interdentalbürste, die Sie mit den Fingern in eine gebogene Form bringen. Diese passt zwischen das Zahnfleisch und den Expander und kann auch zur Reinigung der bukkalen Seiten der Bänder verwendet werden. Die Bürste ist weich, verursacht keine Schmerzen und stellt sicher, dass sich keine Speisereste mehr zwischen dem Expander und den Zähnen/dem Zahnfleisch befinden. Falls das Zahnfleisch anschwillt, kann es schmerzhaft sein.

Feste Zahnspangen:

  • Allgemein gilt: Vermeiden Sie Zahnseide, es ist besser, Interdentalbürsten zu verwenden.
  • Empfehlen Sie mindestens einmal im Jahr eine professionelle Zahnreinigung und überprüfen Sie regelmäßig, ob der Retainer tatsächlich noch an allen Punkten fixiert ist, da dies zu einem Rückfall und einer Aktivität des Retainers führen und damit unerwünschte Zahnbewegungen zur Folge haben kann.
  • Orale Habits können zur Ablösung oder Aktivität des Retainers führen, insbesondere Zungeninterposition und Nägelkauen

White Spot Läsionen (WSL) / Demineralisation während der kieferorthopädischen Behandlung

Einer der Gründe, warum es so wichtig ist, dass Ihre Patient:innen ihre Apparaturen pflegen, ist die Verhinderung von White Spot Lesions (WSL) /Demineralisation. Prof. Cadenas erläutert die Grundlagen: "Wenn sich Plaque ansammelt und nicht richtig entfernt wird, beginnen die Bakterien in der Plaque, Säuren zu produzieren, was zu einer Demineralisierung des Zahnschmelzes führt. Diese Läsionen sehen aus wie Kreide, weißer als die Zahnoberfläche, daher der Name White Spots. Im Idealfall kann man WSL vorbeugen, denn sind diese erst einmal entstanden, ist die Remineralisierung möglich aber nicht immer erfolgreich. Es gibt einige Strategien zur Remineralisierung, aber obwohl in einigen Fällen eine klinische Verbesserung zu beobachten ist, zeigt die Literatur keine eindeutige Wirksamkeit (Hu et al., 2020; Kamber et al., 2021).
Einige Patient:innen sind anfälliger für WSL, oft aufgrund der Zahn-Anatomie und Histologie oder aufgrund genetischer Faktoren. Aber auch der Speichel spielt eine wichtige Rolle, ebenso wie das Zähneputzen und die Ernährungsgewohnheiten, denn kohlensäurehaltige Getränke und zuckerhaltige Lebensmittel sind nicht hilfreich. Wenn WSL bereits vor der kieferorthopädischen Behandlung vorhanden sind, ist für mich der Beginn der Behandlung nicht ratsam. Auch das Entfernen von festsitzenden Apparaturen bei Vorhandensein von WSL sollte sehr sorgfältig erfolgen, da es zur weiteren Kavitation der Oberfläche beitragen kann". Als Dentalhygienikerin mit viel Erfahrung in der Prävention erläutert Frau Fintineanu weiter: "Es gibt eine erschreckende Statistik, die besagt, dass etwa 90-95 % der Patient:innen, die sich einer kieferorthopädischen Behandlung unterziehen, eine Art von White Spots haben, die sich bereits nach vier Wochen entwickeln kann, wobei die Inzidenz in den ersten sechs Monaten der Behandlung rapide ansteigt. Das bedeutet, dass eine Überwachung in den ersten sechs Monaten entscheidend ist. Eine Möglichkeit besteht darin, Patient:innen zu erklären, dass es sich bei einer WSL um eine beginnende Karies mit ausbreitender Kavität handelt. Ihrer Erfahrung nach sind selbstligierende Brackets weniger anfällig für die Entwicklung von WSL. In Bezug auf die Risikoprävention fasst Frau Fintineanu zusammen: "Mechanische Plaquekontrolle ist entscheidend, stellen Sie sicher, dass ihre Patient:innen eine wirklich gute Mundhygiene umsetzen. Fluorid in der Mundhöhle ist immer eine gute Sache, Fluoridlack, Fluorid-Mundspülung oder -Gel, was auch immer Sie tun können, um die Widerstandsfähigkeit des Zahnschmelzes gegen die mikrobiellen Säuren zu erhöhen". Sie empfiehlt außerdem, die Zahnbürste häufig zu wechseln: "Durch die Abnutzung, die durch das Reiben der Borsten an Metallteilen entsteht, nutzen sich die Borsten der Zahnbürste viel schneller ab.


Hypertrophe/hyperplastische Gingiva während einer kieferorthopädischen Behandlung

Andere Komplikationen, die eine Gefahr für die kieferorthopädische Behandlung darstellen, sind hyperplastische und hypertrophe Gingiva, die beide eine Vergrößerung des Zahnfleisches verursachen. Prof. Cadenas erläutert noch einmal die Grundlagen und beginnt mit dem Unterschied zwischen den beiden Zuständen: "Histologisch bedeutet hyperplastisch, dass die Anzahl der Zellen im Gewebe erhöht ist, während Hypertrophie bedeutet, dass die Größe der Zellen erhöht ist. Die Vergrößerung wird hauptsächlich durch die Ansammlung von Plaque verursacht, aber es gibt auch andere Ursachen wie Asthmamedikamente, hormonelle Veränderungen bei Jugendlichen oder während der Schwangerschaft oder Mundatmung. Und manchmal lassen sich diese Faktoren nicht ändern, so dass man im Gegensatz zur Plaque-Akkumulation nicht zu streng mit diesen Patient:innen sein sollte.  Manchmal haben diese auch andere Zahnkrankheiten wie Amelogenesis imperfecta". Daher ist es wichtig Ratschläge zum Zähneputzen auf die Ätiologie der Gingivitis abstimmen. Frau Fintineanu stimmt zu: "Oft kann man durch das Ausschlussprinzip erraten, was die Hauptursache ist. Angenommen, wir haben die Amelogenesis imperfecta und die Medikamente ausgeschlossen, dann ist dies ein typischer Patient:in. Wichtig ist es festzustellen, ob die Menge der Plaque mit dem Grad der Entzündung übereinstimmt, die sichtbar ist."

Sie fährt fort, indem sie auf einige ihrer eigenen Fälle zurückblickt, bei denen die kieferorthopädische Apparatur entfernt werden musste, damit das Zahnfleisch heilen konnte. Manchmal kann sogar eine Gingivektomie oder eine Zahnfleischmodulation erforderlich sein. Neben den üblichen Anweisungen wie Zähneputzen und Interdentalreinigung können Plaque-Färbelösungen helfen, die Botschaft zu verdeutlichen. Es gibt noch weitere interessante Möglichkeiten, Ihre Patient:innen zu motivieren: Richten Sie aktive tägliche Erinnerungen aus der Praxis ein, z. B. automatische Nachrichten für Patient:inen, die sich auf Ermutigung statt auf Ermahnung konzentrieren. Erwägen Sie die Einrichtung eines Belohnungssystems, bei dem Sie mit dem Kind eine Art Belohnung vereinbaren oder einen Anreiz bieten, wenn die Plaque auf einem kontrollierten Niveau bleibt. 


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Let's Talk Oral Health ist eine Serie von Experten-Gesprächen. Diese spezielle Reihe konzentriert sich auf die häusliche Mundpflege aus verschiedenen Blickwinkeln. Entdecken Sie hier alle Webinare aus dieser Reihe:


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