Juni 13, 2024 - Min LesedauerMin Lesedauer

Entzündliche Parodontalerkrankungen: Was sagt die Wissenschaft 

Zahnmediziner:innen wissen, dass Entzündungsprozesse die Grundlage für Parodontalerkrankungen sind. Wir lernen jedoch immer noch mehr darüber, wie dies genau funktioniert, und die Wissenschaft erforscht kontinuierlich die Auswirkungen und Folgen dieser komplexen Zusammenhänge. 

Inhalte

Es ist wichtig, nicht nur über die neusten Forschungsergebnisse informiert zu bleiben, sondern diese Erkenntnisse auch klar und verständlich Ihren Patient:innen zu vermitteln. Hierfür gibt es zwei Hauptgründe:

  • Patient:innen mit Parodontalproblemen bemerken meist entzündungsbedingte Symptome als erstes. Dieses Bewusstsein hilft ihnen frühzeitig aufkommende Probleme zu erkennen und zu behandeln. 
  • Das Verständnis des Zusammenhangs zwischen Entzündungsreaktionen und dem klinischen Bild der Parodontitis hilft Patient:innen zu verstehen, wie parodontale Erkrankungen auch ihre systemische Gesundheit beeinflussen können. Dies unterstreicht die entscheidende Bedeutung einer konsequenten, umfassenden Mundpflegeroutine.

Entzündung als Grundlage einer Parodontalerkrankung

Parodontitis ist eine chronisch entzündliche Erkrankung, die durch eine Immunreaktion des Körpers auf den dentalen Biofilm verursacht wird. Die Anhäufung von Plaque aufgrund schlechter Mundhygiene ist einer der Hauptrisikofaktoren. Wird Plaque nicht regelmäßig entfernt, entstehen Entzündungen wie Gingivitis und Parodontitis.

Es ist jedoch auch klar, dass die eigentliche Schädigung des parodontalen Gewebes hauptsächlich durch die Reaktion auf die Erreger im Biofilm verursacht wird, nicht durch die Erreger selbst.

Diese Körperreaktion wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, wie z. B. Genetik, Lebensstil, Alterung, systemische Erkrankungen und vieles mehr. Dies erklärt wahrscheinlich auch, warum manche Menschen anfällig zu sein scheinen, während andere eine Art Schutz vor Parodontalerkrankungen aufweisen.

Die anfängliche Entzündungsreaktion verursacht eine lokale, aber reversible Schädigung des Zahnfleischgewebes: die Gingivitis.

An einem bestimmten Punkt kann diese Schädigung in eine Parodontitis übergehen, bei der auch andere Strukturen zerstört werden, die nicht mehr zu reparieren sind. Dieser Übergang wird auch als "Exazerbation" bezeichnet.

Obwohl es sich aufgrund fehlender Längsschnittuntersuchungen noch weitgehend um eine Hypothese handelt, geht man davon aus, dass die Gingivitis zur Entwicklung einer Dysbiose beiträgt: einer Veränderung der Zusammensetzung der Bakterienarten hin zu einem eher pathogenen Biofilm. Diese Dysbiose wiederum kann die Entzündungsreaktion noch verstärken. Der Körper kann auf zwei Arten reagieren: reparieren oder zerstören, wobei letzteres für die Parodontitis charakteristisch ist.

Ein kürzlich erschienener Übersichtsartikel von Prof. van Dyke vom Forsyt Institute fasst dieses Prinzip treffend zusammen: "Ob die Dysbiose die Krankheit auslöst oder eine Folge der Krankheitsentstehung ist, wurde noch nicht endgültig bewiesen, aber es ist klar, dass die Verbindung zwischen Entzündung und Dysbiose entscheidend ist."

Die Erklärung parodontaler Probleme durch die Linse einer Entzündungsreaktion, kann diese äußerst komplexe Angelegenheit leichter verständlich machen, da fast jeder ein grundlegendes Verständnis davon hat, wie Entzündungen als körperliche Reaktion auf Verletzungen oder Infektionen wirken.

Patient:innen wissen, dass der Knöchel anschwillt, wenn wir ihn verstauchen, oder dass sich unsere Haut um eine Schnittwunde herum rötet.

Wie bereits erwähnt, ist die Entzündungsreaktion im Zahnfleischgewebe, die für Gingivitis oder Parodontitis charakteristisch ist, die Ursache für einige der ersten Symptome. Ermutigen Sie also Ihre Patienten, auf Schwellungen, Blutungen oder Empfindlichkeit des Zahnfleischs zu achten.

Ein klares Verständnis der Entzündungsreaktion kann die Patienten nicht nur in die Lage versetzen, entstehende Mundgesundheitsprobleme besser zu erkennen, sondern auch deutlich machen, warum es wichtig ist, schnell zu handeln. Nicht nur für die Mundgesundheit sondern auch für die Allgemeingesundheit.

Entzündliche Parodontalerkrankungen und systemische Gesundheitsprobleme

Parodontalerkrankungen und die damit verbundenen Entzündungen wurden wissenschaftlich mit einer Reihe von systemischen Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht. Die Forschung hat Verbindungen zu mindestens 57 systemischen Erkrankungen und entzündungsbedingten Störungen, einschließlich Arthritis, Diabetes und Krebs, hergestellt.

Vor allem drei Gesundheitsprobleme sind hierbei in den Vordergrund gerückt und sollten besonders angesprochen werden:

Zusammenhänge zwischen Zahnfleischerkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weltweit die häufigste Todesursache. Die Wahrscheinlichkeit ist daher groß, dass im engeren Umfeld Ihrer Patient:innen jemanden hiervon betroffen ist. Viele sind sich wahrscheinlich nicht bewusst, dass es einen Zusammenhang zwischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere atherosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, und entzündlichen Parodontalerkrankungen gibt.

Basierend auf Forschungsergebnissen kommt die European Federation of Periodontology zu folgendem Schluss: "Es gibt Hinweise darauf, dass Parodontitis mit verschiedenen Formen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung steht, darunter:

  • Koronare Herzkrankheit
  • Myokardinfarkt 
  • Zerebrovaskuläre Erkrankung
  • Kardioembolischer und thrombotischer Schlaganfall
  • Periphere Arterienerkrankung
  • Vorhofflimmern
  • Herzinsuffizienz

Eine von der EFP (European Federation of Periodontology) geteilte Studie zeigt, dass:

  • Patient:innen, die sich weniger als einmal am Tag die Zähne putzen, haben die höchste Inzidenz von akuten Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
  • Patient:innen, die sich zweimal täglich die Zähne putzen und eine gute Mundpflegeroutine haben, können die Häufigkeit akuter Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern.
  • Eine erfolgreiche parodontale Behandlung könnte die Inzidenz akuter Herz-Kreislauf-Erkrankungen unabhängig von individuellen Risikofaktoren reduzieren.

In Anbetracht dieser Erkenntnisse "ist es daher sehr wichtig, eine gute Mundgesundheit aufrechtzuerhalten. Dazu gehört die Interdentalreinigung, zweimal tägliches Zähneputzen sowie regelmäßige zahnärztliche Kontrolluntersuchungen."

Schwangerschaftsgingivitis und Bedenken werdender Mütter

Wenn Frauen ein Kind erwarten, neigen sie dazu, besonders wachsam auf ihre Gesundheit zu achten. Das häufige Auftreten von Schwangerschaftsgingivitis, von der 60-75 % der Schwangeren betroffen sind, bietet daher eine Gelegenheit, auf die Dringlichkeit der Mundpflege hinzuweisen.

Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine verstärkte Entzündung des Zahnfleisches als direkte Folge der Schwangerschaft. Die Ursachen der Schwangerschaftsgingivitis sind noch nicht vollständig geklärt, könnten aber mit hormonbedingten Veränderungen der Immunreaktion während der Schwangerschaft zusammenhängen.

"Die klinischen Studien, die wir in Chapel Hill durchgeführt haben, zeigen, dass Föten, die eine Antikörperreaktion gegen parodontale Erreger aufwiesen, ein viel höheres Risiko hatten, zu früh oder mit einem geringen Geburtsgewicht auf die Welt zu kommen", erklärte Prof. Dr. Phoebus Madianos in einem SUNSTAR Conversations PRO Webinar.

"Dies deutet darauf hin, dass Bakterien aus der Parodontaltasche in die fötal-plazentare Einheit gelangen und dort lokale Entzündungsreaktionen auslösen oder sogar den Fötus direkt infizieren können." Wie wir bereits in der Vergangenheit berichtet haben, ist eine Schwangerschaftsgingivitis für sich genommen kein Grund zur Sorge. Aber sie bietet einen ideale Gelegenheit, den tieferen Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und anderen Teilen des Körpers deutlich zu machen. So können Sie Ihre Patientinnen dazu motivieren, ihre Mundpflegegewohnheiten zu optimieren.

"Es hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden", so Prof. Dr. Mia Geisinger. "Vor einigen Jahrzehnten wurde einer Frau, die schwanger wurde, von ihrem Zahnarzt gesagt: Wir sehen uns in 9 Monaten wieder. Heute wissen wir, dass die Mundpflege gerade in der Schwangerschaft von entscheidender Bedeutung ist."

Sehen Sie sich das vollständige SUNSTAR Conversations PRO Expertengespräch zu diesem Thema an:

 



Parodontalerkrankungen und Adipositas

Der Zusammenhang zwischen Parodontitis und Adipositas hat in der medizinischen Forschung viel Aufmerksamkeit erregt. In einer Ausgabe der Zeitschrift Periodontology 2000 heißt es: "Epidemiologische Erkenntnisse aus den letzten zwei Jahrzehnten haben eine Zunahme der Parodontitisprävalenz bei fettleibigen und übergewichtigen Personen ergeben. Zu den biologischen Mechanismen, die möglicherweise eine Verbindung zwischen Fettleibigkeit und Parodontitis herstellen, gehören eine fettleigibkeitsbedingte Hyperinflammation, eine mikrobielle Dysbiose, eine veränderte Immunantwort, spezifische genetische Polymorphismen sowie erhöhter Stress.

"Parodontalerkrankungen treten bei Patient:innen auf, die sowohl anfälliger für Entzündungen, als auch für Adipositas sind"so Andres Pinto, Professor für MKG und diagnostische Wissenschaften an der Case Western Reserve University School of Dental Medicine. "Zahnmediziner müssen sich der Komplexität der Fettleibigkeit bewusst sein, um ihre Patient:innen über die Bedeutung eines angemessenen Körpergewichts und einer guten Mundhygiene zu beraten."

Eine weitere aktuelle Studie zeigt, dass Fettleibigkeit das Risiko von Zahnfleischerkrankungen erhöht, indem sie das Wachstum von knochenzerstörenden Zellen anregt und so die Zerstörung des Alveolarknochens erhöht, was eine detailliertere Betrachtung der Verbindung zwischen Fettleibigkeit und Parodontitis ermöglicht.

Natürlich steht Adipositas auch in engem Zusammenhang mit Diabetes, für welchen ebenfalls ein Zusammenhang mit Parodontalerkrankungen wissenschaftlich nachgewiesen wurde.

Dieser Zusammenhang ist schon seit einiger Zeit bekannt und sollte Ihren Patient:innen als weiteres Beispiel dafür vor Augen geführt werden, wie sich die Mundgesundheit auf die ganzheitliche Gesundheit auswirken kann und umgekehrt.

Halten Sie sich und Ihre Patient:innen auf dem Laufenden

Zahnmediziner:innen möchten ihren Patient:innen helfen, Mundgesundheitsprobleme zu behandeln und Parodontalerkrankungen vorzubeugen. Hierbei gilt die Etablierung konsequenter Mundpflegeroutinen als effektivster Ansatz. 

Die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse über Entzündungen und Parodontalerkrankungen zu verstehen und sie Ihren Patient:innen einfach und überzeugend zu vermitteln, kann dazu beitragen, die Bedeutung und Auswirkung der Mundpflege zu verdeutlichen. Zusammengefasst ist eine Entzündungsreaktion die Art und Weise, wie unser Körper uns mitteilt, dass etwas nicht in Ordnung ist und wir etwas unternehmen müssen.



Bei Patient:innen, die bereits unter entzündetem oder blutendem Zahnfleisch leiden, können Sie zur Plaquebekämpfung chlorhexidinhaltige Mundpflegeprodukte empfehlen, wie beispielsweise unser GUM® PAROEX®.
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