März 16, 2022 - Min LesedauerMin Lesedauer

Ganzheitliche Gesundheit: Der Mund ist Teil des Körpers

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"Denn ein Teil kann nie gut sein, wenn nicht das Ganze gut ist." Das waren die Worte Platons vor 2.400 Jahren.  In der Gegenwart hat die moderne Medizin wieder in die ganzheitliche Medizin investiert, in die Idee, dass der gesamte Körper als Einheit behandelt werden muss, anstatt sich auf einzelne Teile zu konzentrieren.

Viele Menschen machen sich Sorgen um einzelne Körperteile: z. B. um ihr Herz, ihren Rücken oder ihren Magen, und natürlich sind Ärzte auf verschiedene Körperteile beziehungsweise Regionen des Körpers spezialisiert. Aber Probleme mit dem Verdauungstrakt beeinflussen die Gesundheit des Herzens, und Muskelprobleme können zu Skelettschmerzen führen.

Jedes System im Körper ist von den anderen abhängig, und der Mund bildet hier keine Ausnahme. Zahnärzte haben schon lange erkannt, dass es Zusammenhänge gibt und ein besseres Verständnis dafür entwickelt, wie sich die Mundgesundheit auf die allgemeine Gesundheit auswirkt. Ein gutes Beispiel dafür ist der Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und Diabetes.

Zahnärzte müssen daher mit anderen Ärzten als Teil eines medizinischen Teams zusammenarbeiten, das sich auf die Planung und Durchführung eines ganzheitlichen Gesundheitsplans für Patienten konzentriert. Ebenso ist es wichtig, dass sie ihre Patienten über dieses Konzept aufklären und erläutern, wie die Mundpflege zur allgemeinen Gesundheit beitragen kann.

Ganzheitliche Gesundheit und Zahnmedizin: Eine neue Ära der Pflege

Die Patienten müssen verstehen, dass die Zahnpflege nur ein Bestandteil der Ganzkörperpflege ist. Der Zusammenhang zwischen Parodontitis und Diabetes ist beispielsweise klar. Doch nicht jeder Patient ist sich über die Zusammenhänge zwischen schlechter Mundgesundheit und der allgemeinen Gesundheit oder über die starken präventiven Vorteile einer guten Mundpflege bewusst. Es gibt immer mehr Studien, die die Zusammenhänge zwischen Mundgesundheit und allgemeinem Wohlbefinden unterstreichen. Zum Beispiel haben neuere Forschungen einen starken Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und Herz-Kreislauf-Erkrankungen [1], Demenz [2] und vielen anderen schweren Erkrankungen gezeigt. Die Ergebnisse legen nahe, dass eine gute Mundpflege ein einfacher, aber wirkungsvoller Schritt in der Prävention ist. Die Herausforderung besteht darin, diese Erkenntnisse in die tägliche Praxis umzusetzen, um Ihre Patienten zu unterstützen.

Zahnärzte sollten die neuesten Erkenntnisse mit Patienten teilen, um sie zu informieren und zu motivieren. Dies eröffnet neue Möglichkeiten, Patienten zu besserem Zähneputzen, zur Interdentalreinigung und zur Verwendung einer Mundspülung zu ermutigen. Zum Beispiel kann ein Patient mit schlechter Compliance stärker motiviert werden, Interdentalreinung durchzuführen, wenn er den Zusammenhang zwischen Parodontitis und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erfährt [3]. Es auf eine positive, ermutigende Weise zu gestalten – es mag nicht wichtig erscheinen, aber die Einführung der Interdentalreinigung als eine Ihrer vielen gesunden Gewohnheiten könnte helfen, Ihr Risiko für Herzerkrankungen zu senken – hilft Patienten, die Realität ihrer Situation zu verstehen.

Letztlich kann diese Strategie sowohl Zahnärzten als auch Patienten helfen. Zahnärzte erhalten eine neue Möglichkeit, Patienten aufzuklären und eine gute Mundpflege zu fördern; Patienten erhalten die präventiven Gesundheitstipps, die sie brauchen, um das Wohlbefinden des gesamten Körpers zu erhalten.

Wie sich die Mundgesundheit auf die allgemeine Gesundheit auswirkt

Zahnärzte wissen über den Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und Allgemeingesundheit Bescheid. Ein wichtiger treibender Faktor für die Forschung sind die grundlegenden Erkenntnisse, die Zahnärzte durch empirische Beobachtungen in der täglichen Praxis gewinnen. Auch viele Patienten beginnen jetzt diesen Zusammenhang zu verstehen,  begreifen ihn aber vielleicht nicht vollständig. Andere dagegen haben den Zusammenhang noch nicht einmal in Betracht gezogen.

Eine der einfachsten Möglichkeiten den Kontakt zu den Patienten herzustellen und das Verständnis für den Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und allgemeiner Gesundheit zu fördern, besteht darin, einfache Beispiele für den Zusammenhang zwischen guter Mundgesundheit und positiven Ergebnissen und schlechter Mundgesundheit und negativen Folgen zu geben. Einige leicht zu vermittelnde Beispiele sind:

  • Orale Bakterien, die Parodontitis verursachen, können in den Blutkreislauf gelangen und zu Herzerkrankungen führen [4]
  • Parodontale Entzündungen und bestimmte orale Bakterien werden mit kognitivem Abbau und Demenz in Verbindung gebracht [5]
  • Die für rheumatoide Arthritis [6] charakeristische Entzündung kann parodontale Erkrankungen verschlimmern und umgekehrt
  • Wenn sie eingeatmet werden, können orale Bakterien Atemwegserkrankkungen, einschließlich Lungenentzündung [7] verursachen.
  • Zahnfleischerkrankungen können sich unter dem Einfluss von Diabetes verschlechtern [8] und wiederum die Kontrolle von  Diabetes [9] erschweren.
  • Parodontitis ist nachweislich mit unerwünschten Schwangerschaftsergebnissen verbunden [10]
  • Bestimmte Krebsarten [11] treten häufiger bei Menschen mit Parodontalerkrankungen auf.

Wenn Patienten bereits an einer dieser Erkrankungen leiden, kann der Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und ihrer Erkrankung ein Weckruf sein. Andere könnten eine gute Mundpflege als eine Möglichkeit sehen, das Risiko zu verringern und eine allgemeine Gesundheitsprophylaxe zu betreiben.

Neben der Patientenaufklärung ist die Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten und anderen medizinischen Fachkräften von entscheidender Bedeutung. Hausärzte sind daran gewöhnt einen regelmäßigen Kontakt zu Fachärzten zu haben wie z. B. zum Kardiologen. Genau so wichtig ist es aber auch für Zahnärzte mit anderen medizinischen Fachkräften zu kommunizieren. So empfehlen evidenzbasierte Expertenkonsensberichte unbedingt einen interdisziplinären Ansatz bei der Behandlung von Patienten mit Diabetes [12] oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen [13]. Beispiele, um dies in der Zahnarztpraxis umzusetzen, sind:

  • Erkundigen Sie sich beim Haus oder Facharzt nach der detaillierten Anamnese, einschließlich Informationen über die Systemerkrankung des Patienten (z. B. das Niveau der Stoffwechseleinstellung bei einem Patienten mit Diabetes, das Vorhandensein von Bluthochdruck oder die Einnahme bestimmter Medikamente).
  • Wenn ein Patient bestimmte Risikofaktoren für Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeigt, dies aber noch nicht diagnostiziert wurde, informieren Sie ihn über sein erhöhtes Risiko und überweisen Sie ihn an einen Arzt für entsprechende diagnostische Tests und Nachbetreuung.

Ebenso sollten Ärzte die Mundgesundheit in ihre Routine integrieren, indem sie Patienten mit chronischen Krankheiten wie Diabetes eine regelmäßige parodontale Untersuchung in der Zahnarztpraxis empfehlen. Ein kürzlich entwickeltes Online-Screening-Tool für Parodontitis, verfügbar unter www.perioscreening.com [14], bietet Patienten die Möglichkeit, das Risiko für Parodontitis selbst zu bewerten, ohne die Mundhöhle untersuchen zu müssen. Diese Risikoeinschätzung könnte helfen, einen Patienten zu einem Zahnarztbesuch zu motivieren.

Der Mund als Spiegel für den Körper

Lange Zeit behandelten Mediziner den Mund als eigenständige Einheit, getrennt vom Rest des Körpers. Nun wird der Mund in das Ganze "integriert". Er ist natürlich mit dem Rest des Körpers verbunden und sollte als ein Organismus behandelt werden.

In vielerlei Hinsicht kann der Mund ein Spiegel für den Rest des Körpers sein. Zum Beispiel gibt es Hinweise [15], dass sich die Zusammensetzung des Speichels unter dem Einfluss systemischer Erkrankungen verändern kann. Theoretisch macht das Speicheldrüsen-Biomarker potenziell nützlich für Zahnärzte, um diese systemischen Krankheiten zu überwachen oder zu untersuchen. Untersuchungen [16] deuten beispielsweise auf eine starke Korrelation zwischen Speichel- und Blutzuckerspiegel hin. Dies deutet darauf hin, dass Speichelglukose eine nicht-invasive Alternative zur Überwachung des Glukosespiegels sein könnte. In einer anderen Publikation [17] wird vorgeschlagen, dass bestimmte Speicheldrüsen-Biomarker als nicht-invasive Methode zum Untersuchen auf systemischen Lupus erythematodes, Sjögren-Krankheit, Behcet-Krankheit und mehr verwendet werden können. Speicheldrüsen-Biomarker zeigen sogar Potenzial für die Erkennung von nicht-oralen Tumoren [18].

Daher ist es wichtig, dass Zahnärzte mit anderen medizinischen Fachkräften zusammenarbeiten [19]. Dazu gehören auch Ergotherapeuten, Physiotherapeuten und Sprachtherapeuten. Diese Zusammenarbeit sollte sowohl interprofessionelle Kommunikation als auch Teamarbeit umfassen.

Wenn beispielsweise bei einem Patienten eine Parodontalerkrankung diagnostiziert wird und er gleichzeitig an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung oder Diabetes leidet, sollte der Zahnarzt den Internisten oder Spezialisten des Patienten konsultieren, um die Situation zu erläutern und gemeinsam einen Behandlungsplan zu entwickeln. Zahnärzte kümmern sich nicht nur um die Zähne: Sie untersuchen und arbeiten als Teil eines Teams, um den gesamten Körper des Patienten zu behandeln.

Forschung über Mund- und Körpergesundheit

Die Forschung über die Zusammenhänge zwischen Mundgesundheit und Körpergesundheit wächst stetig. Jedes Jahr werden Hunderte neuer Studien veröffentlicht und bieten damit die Möglichkeit mehr über dieses spannende Thema zu erfahren. Allein im vergangenen Jahr (2020) wurden viele interessante neue Studien, Berichte und klinische Versuche veröffentlicht, die sich mit den Auswirkungen der Mundpflege auf die Allgemeingesundheit befassten.

Diese Beispiele sind nur ein kleiner Querschnitt der laufenden Forschungsarbeit zum Verständnis der Möglichkeiten, wie Parodontitis und andere orale Erkrankungen den Körper und die allgemeine Gesundheit beeinflussen.

Patientenaufklärung ist ein Eckpfeiler der Mundpflege

Die gesundheitsbewusste Bevölkerung von heute hat über das Internet Zugang zu mehr Informationen als je zuvor. Aber es kann für Patienten auch schwierig sein wertvolle und wichtige Informationen herauszulesen. Daher spielen medizinische Fachkräfte eine wichtige und entscheidende Rolle. Ihr Aufgabe ist es die Patienten mit umsetzbaren, maßgeblichen Erkenntnissen über den Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und Allgemeingesundheit ausstatten.

Verwenden Sie einfache Beispiele und veranschaulichen Sie den Zusammenhang deutlich. Binden Sie die Mundpflege in den gesundheitsbewussten Ansatz des Patienten zur Ganzkörperpflege ein. Zitieren Sie Forschungsergebnisse und geben Sie diese auf verständliche Weise an die Patienten weiter. Und, was am wichtigsten ist, geben Sie klare und prägnante Empfehlungen für eine bessere Mundpflege unter ganzheitlichen Gesichtspunkten. Wenn Patienten und Zahnärzte sich über die Mundgesundheit und ihre Rolle für die gesamte Gesundheit und das Wohlbefinden einig sind, können sie besser zusammenarbeiten, um beides zu gewährleisten.

Wenn Sie weitere Informationen über ganzheitliche Zahnmedizin, Einblicke in die systemische Gesundheit oder Zugang zu Materialien zur Verbesserung der Patientenaufklärung wünschen, wenden Sie sich gerne an SUNSTAR GUM.

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