März 16, 2022 - Min LesedauerMin Lesedauer

Mundgesundheit in der Zeit von COVID-19

Zahnärzte sind eine der Risikogruppe für eine Ansteckung mit dem 2019-nCoV-Virus. Daher sollten die Hygienekonzepte in der Praxis strikt eingehalten werden um die Ausbreitung von COVID-19 zu minimieren. Was sind die Empfehlungen für Zahnarztpraxen?

Wie kann eine Virusinfektion bei Patienten mit bereits bestehender Parodontitis interagieren? 

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Virusinfektion und Parodontitis: Was wissen wir und was können Sie tun, um Ihren Patienten zu helfen?

Virusinfektion und Parodontitis: Was wissen wir? Nicht viel, sagt Professor Graziani, Professor für Parodontologie an der Universität Pisa (Italien) und ehemaliger Präsident der Europäischen Föderation für Parodontologie (EFP). Aber wir wissen, dass die Mundgesundheit so wichtig ist wie eh und je, fügt er hinzu.

Aus wissenschaftlicher Grundsicht und aus unserer Erfahrung mit HIV wissen wir, dass schlechte Mundgesundheit die Abwehrkräfte von Schleimhäuten senken und Epithelzellen anfälliger für Viren machen kann [1].

"Bezeichnenderweise können einige Herpes-Familienviren mit einigen Formen von Zahnfleischentzündungen in Verbindung gebracht werden, darunter Herpes Zoster, Cytomegalievirus und das Epstein-Barr-Virus (EBV)", erklärt Professor Graziani. "Obwohl wir nicht viel über die Auswirkungen dieser Viren auf die Mundgesundheit wissen, können sie eine Rolle dabei haben, dass aus einer Gingivitis eine Parodontitis entsteht, oder sie können zu einer Verschlechterung beitragen."



Es ist auch gut dokumentiert, dass orale Infektion und insbesondere Parodontitis den Verlauf und die Pathogenese von systemischen Erkrankungen, einschließlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus beeinflusst. Schlechte Mundgesundheit hat auch negative Auswirkungen auf die Pathogenese der bakteriellen Lungenentzündung [2], die bei einem COVID-19-Patienten zur Koexistenz von bakteriellen und viralen Infektionen in den Atemwegen führen würde, was die Remission erschwert.

Aus all diesen Gründen ist es während der COVID-19-Pandemie noch wichtiger, allen Patienten eine gute Mundhygiene zu empfehlen.

Wie können wir Patienten also helfen ? Lassen Sie Ihre Patienten wissen, dass die Aufrechterhaltung einer guten Mundgesundheit Teil ihrer "Gesund bleiben"-Strategie während COVID-19 sein sollte. Dies ist besonders wichtig für Patienten mit Diabetes oder andere Patienten,  die Komorbiditäten haben, die bekanntermaßen COVID-19 Risikofaktoren sind.

Zahnärzte sind eine Hochrisikogruppe. Folgen Sie den Empfehlungen der Zahnärztekammern

Dentalpraxen sind einem enormen Risiko einer 2019-nCoV-Infektion aufgrund der Exposition gegenüber Speichel, Blut und anderen Körperflüssigkeiten ausgesetzt. Auf dies weisen zwei zwei kürzlich erschienene Veröffentlichungen im International Journal of Oral Science und im Journal of Dental Research [3] - [4]. hin.

Daher haben weltweit Zahnärztekammern und Gesundheitsorganisationen Hinweise und Empfehlungen herausgegeben. Angesichts des sich schnell verändernden Charakters der Pandemie werden diese stetig angepasst  und durch Aktualisierungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), den nationalen Gesundheitsministerien und lokaler medizinischer Organisationen beeinflusst. 

Wie kann das Risiko einer Übertragung von Mensch zu Mensch während der Behandlung reduziert werden?

Es wurden Empfehlungen für Infektionsbekämpfungsmaßnahmen in Zahnkliniken und Krankenhäusern ausgesprochen, um die Übertragungswege von Mensch zu Mensch zu begrenzen.



Angepasst von Peng, Peng, Xian et al "Übertragungswege von 2019-nCoV und Kontrollen in der Zahnarztpraxis" International Journal of Oral Science (2020).

Patienten mit COVID-19

Zahnärzte können sich in der Lage befinden, einen Verdachtsfall von COVID-19 zu identifizieren. Eine ausreichende Prüfkapazität für SARS-CoV-2 fehlt weltweit. Die WHO aktualisiert ständig die technischen Leitlinien für COVID-19, einschließlich Empfehlungen zu Labortests.

Laut dem neuesten Bericht im Journal of Medical Virology [11]identifiziert eine statistische Analyse der klinischen Symptome und Laborergebnisse von COVID-19-Patienten die folgende Inzidenz klinischer Symptome:

  • Fieber (88,5%)
  • Husten (68,6%)
  • Myalgie oder Müdigkeit (35,8%)
  • Erwartungen (28,2%)
  • Dyspnoe (21,9%).

Kleinere Symptome sind Kopfschmerzen oder Schwindel (12,1%), Durchfall (4,8%), Übelkeit und Erbrechen (3,9%).

Am 1. April untersuchte ein Team am King es College London die Antworten von mehr als 400.000 Personen, die mutmaßliche COVID-19-Symptome an eine App meldeten, und stellte fest, dass Geruchs- und Geschmacksverlust auch ein Symptom sein könnte COVID-19 [12]. Geruchs- und Geschmacksverlust sind jedoch auch Anzeichen für andere Atemwegsinfektionen wie die Erkältung, so dass hier keine eindeutige Zuordnung dieser Symptome zu COVID-19 möglich ist.

Patientenbehandlung 

Bei Behandlung von infizierten Patienten, die nicht aufgeschoben werden kann, wird allen Zahnärzten empfohlen, vorab telefonisch mit dem Patienten zu klären ob die Notwendigkeit einer Behandlung besteht. Dies sind in der Regel die Behandlung von akuten Schmerzen, Abszessen, Traumata und hämorrhagischen Ereignissen. Der Patient sollte dann vor oder nach der regulären Öffnungezeit einbestellt werden um sicherzustellen, dass sonst keine andere Patienten in der Praxis sind. [5].

Spülen mit Mundspülungen vor der Behandlung

Grundsätzlich sollten alle Patienten vor jeder invasiven Behandlung mit einer antimikrobiellen Mundspülung spülen um eine Reduktion des oralen Mikrobioms zu erreichen. Ein gängiger Wirkstoff ist Chlorhexidin, der häufig als Mundspülung in der Zahnarztpraxis verwendet wird. Zahnärzten sollte aber klar sein, dass dieses Verfahren nicht ausreicht um 2019-nCoV zu töten [2].

Behandlung unter Kofferdam

Der Einsatz von Kofferdam kann die die Kontamination mit Speichel- und blutverunreinigtem Aerosol erheblich minimieren, insbesonders dann wenn mit Luft Wasser Gemisch Geräten gearbeitet wird. Die Verwendung von Kofferdam wird daher während der COVID-19-Epidemie empfohlen [2] - [4].

Radiographie

Die intraorale Röntgenuntersuchung kann Speichelsekretion und Husten stimulieren und wird daher während der COVID-19-Pandemie nicht empfohlen [4]. Stattdessen werden extraorale Zahnradiographien wie Panoramaradiographie und Kegelstrahl CT empfohlen.

Desinfektion und Entsorgung von medizinischen Abfällen

Strenge Desinfektionsmaßnahmen sowohl im Behandlungszimmer als auch im Wartebereich sind sehr zu empfehlen.

Medizinische Abfälle, die durch die Behandlung von Patienten mit einer vermuteten oder bestätigten 2019-nCoV-Infektion entstehen, sollten als infektiöse medizinische Abfälle betrachtet werden und sollten als solche nach den jeweiligen Bestimmungen in den einzelnen Bundesländern entsorgt werden.

Zusammenfassung:

  • Zahnärzte gelten als Risikogruppe für eine Infektion mit dem 2019-nCoV-Virus. 
  • Für  Patienten ist dies ein guter Zeitpunkt, sie daran zu erinnern, dass gute Mundgesundheit Teil der "bleiben Sie gesund" Strategie während COVID-19 ist. Eine schlechte Mundgesundheit kann die Abwehrkräfte der Schleimhäute senken und Epithelzellen anfälliger für Viren machen.
  • Folgen Sie den Empfehlungen der Zahnärztekammern und adaptieren Sie Ihren Hygieneplan
  • Behandeln Sie wann immer möglich mit Kofferdam

[5] Izzetti R. und Graziani F. et al., "COVID-19 transmission in dental practice: brief review of preventive measures in Italy" Journal of Dental Research, 2020 (in press).

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